Klinische Studien

Vorteile und Risiken klinischer Studien

Es kann sein, dass Ihr Arzt Ihnen die Teilnahme an einer klinischen Studie anbietet. Dabei geht es um die Prüfung noch nicht zugelassener Medikamente, die aber bereits in vorklinischen oder anderen klinischen Studien eine Wirkung auf Tumore gezeigt haben. Ihr Arzt ist der Meinung, dass diese neuen Medikamente Ihnen eine bessere Therapiemöglichkeit bieten als die sonst übliche Therapie (Standardtherapie), und in manchen Fällen kann es auch sein, dass es keine Alternative mehr gibt.

Falls Sie Interesse an einer Teilnahme haben, lassen Sie sich genau über die Unterschiede zur Standardtherapie und die Risiken aufklären. Holen Sie sich gegebenenfalls auch eine unabhängige Zweitmeinung ein. Seien Sie aber sicher: Unnötige Risiken werden während einer klinischen Studie nicht eingegangen. Patienten, die an solchen Studien teilnehmen, werden sehr intensiv von den Prüfärzten betreut und überwacht, und die Behandlung wird – falls notwendig – sofort abgebrochen. Selbstverständlich können auch Sie jederzeit ohne Angaben von Gründen die Behandlung abbrechen und Ihr Einverständnis an der Teilnahme zurückziehen.

Informationen über klinische Studien

Ob Sie für eine Teilnahme an einer klinischen Studie zu ihrer Krebsart in Frage kommen, hängt von vielen Faktoren ab. Entscheidend kann das Erkrankungsstadium sein, sowie der allgemeine Gesundheitszustand und das Alter. Bei Interesse fragen Sie Ihren behandelnden Arzt oder andere Auskunftsstellen (siehe „Hilfreiche Links“) nach Möglichkeiten für eine klinische Studienteilnahme. Manche Selbsthilfegruppen oder die Krebshilfe sind ebenfalls gut informiert, um Erstinformationen zu liefern.

Hier werde ich gut informiert:

Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen
Nationale Auskunftsstelle für klinische Krebsstudien; Unterstützung bei der Suche nach europaweiten klinischen Studien

Comprehensive Cancer Care Center Vienna
Klinische Studien auf dem Gebiet der Onkologie an der MedUni Wien

Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group (ABCSG)
Klinische Studien zu Brust-, Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs

Broschüre des Dachverbands der Österreichischen Krebshilfe, Klinische Studien

Von der Wirkstoffentdeckung bis zur Marktzulassung

Wenn es im Labor gelungen ist, Krebszellen durch einen neu entdeckten Wirkstoffkandidaten abzutöten, ist das erst der Anfang eines insgesamt 10 bis 15-jährigen Prozesses. Vor einer Erstanwendung am Menschen muss sich zeigen, ob der Wirkstoff für einen lebenden Organismus ungefährlich ist. Dafür sind Computersimulationen, Tests an Zell- oder Gewebekulturen und auch in Tiermodellen notwendig. Bis zu diesem Punkt der Entwicklung vergehen bereits einige Jahre.

Die Phasen der klinischen Studien

Erst jetzt können klinische Prüfungen mit Menschen starten. Die klinische Studienphase dauert insgesamt durchschnittlich acht Jahre. In der Phase 1 wird die Verträglichkeit und Sicherheit des neuen Wirkstoffs mit einer kleinen Gruppe von Patienten getestet (Normalerweise wird eine Phase 1-Studie mit gesunden Freiwilligen durchgeführt. Studien an Krebsmedikamenten stellen eine Ausnahme dar.). Dabei wird mit einer kleinen Dosis begonnen, die schrittweise erhöht wird. Ziel ist es, die „maximal verträgliche Dosis“ zu finden. Gemeint ist die Wirkstoffmenge, die die höchste Wirksamkeit zeigt und gleichzeitig vom Patienten möglichst gut vertragen wird. Teilnehmer werden in der Phase 1 besonders intensiv betreut. Zeigt sich der Wirkstoff als wirksam und gut verträglich, folgen Phase 2- und Phase 3-Studien mit größeren Patientengruppen.

Phasen von klinischen Studien für onkologische Medikamente

Ziel Teilnehmer Teilnehmerzahl
PHASE 1 Verhalten der Substanz im Menschen / Sicherheit / Dosisfindung Gesunde Freiwillige / Betroffene ca. 20 - 100
PHASE 2 Finale Dosierung / Sicherheit / Wirksamkeit (oft ohne Vergleichssubstanz) Betroffene ca. 50 - 400
PHASE 3 Sicherheit / Wirksamkeit (im Vergleich zur Standardtherapie oder in Ausnahmefällen Placebo) Betroffene ca. 200 - 2.000
PHASE 4 Wirksamkeit / Sicherheit - außerhalb einer klinischen Studie Betroffene ab ca. 1.000

In den Phase 2 und 3 geht es unter anderem um die optimale Dosierung und den endgültigen Beweis der Wirksamkeit des Wirkstoffs sowie um die gründliche Erfassung von Nebenwirkungen. Spätestens in der Phase 3 werden die teilnehmenden Patienten in Gruppen unterteilt. Eine der Gruppen erhält das neue Medikament, die andere die übliche Standardtherapie. So genannte placebokontrollierte Studien, bei der die Patienten nicht wissen, ob sie den neuen Wirkstoff oder ein wirkloses Medikament bekommen, gibt es in der Krebsforschung nur dann, wenn es keine Standardtherapie gibt.

Die Prüfung der Studienergebnisse und die Zulassung des Medikamentes erfolgt durch unabhängige Behörden – in Europa (eine Ausnahme ist die Schweiz) ist das die Europäische Arzneimittelagentur EMA. In einigen Fällen, wenn es z.B. nur keine oder sehr wenige Therapieoptionen gibt, kann eine Zulassung bereits nach der Phase 2 erteilt werden. Die Zulassung erfolgt dann aber meist mit besonderen Auflagen und einer besonders intensiven Überwachung der Anwendung dieses Medikaments.

Ob ein Krebsmedikament zum anerkannten Standard werden kann, hängt im nächsten Schritt auch von der Kostenübernahme durch die Kostenträger ab, also den gesetzlichen Krankenkassen oder Krankenhausbetreibern.

Auch nach der Zulassung werden noch Daten über das Medikament gesammelt und ausgewertet – mitunter im Rahmen von Phase 4-Studien. Diese so genannten Real World Data machen auf seltene Nebenwirkungen, oder Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln aufmerksam.

Von der Wirkstoffentdeckung bis zur Marktzulassung

  1. Suche nach Wirkstoffkandidaten
  2. Vorklinische Studien: Toxikologie, Pharmakologie
  3. Klinische Studien Phasen 1-3
  4. Marktzulassung
  5. Erstattung durch Kostenträger in den jeweiligen Gesundheitssystemen
  6. Phase 4-Studie